23 Mai 2007

ARD-Film arbeitet heute Lustreise-Affäre bei VW auf - "Macht und Größenwahn"

Der Mann, der sich früher bei VW wie ein kleiner König gefühlt haben muss, fährt nachts durch das einsame Wolfsburg. In sich versunken hört er die Radionachrichten.
Die Staatsanwaltschaft hat gerade Anklage gegen ihn erhoben. Doch Klaus Volkert scheint dies nicht zu berühren - obwohl der einst so mächtige Betriebsratschef eine Schlüsselfigur in der VW-Affäre um Schmiergelder und Lustreisen auf Firmenkosten ist. Mit dieser Szene beginnt der eindrucksvolle ARD-Film "Die Macht, die Gier und der Größenwahn: Wie der Milliardär Ferdinand Piëch und der Schmied Klaus Volkert VW beherrschten". Ausgestrahlt wird er an diesem Mittwoch um 23.15 Uhr. 45 Minuten lang beleuchtet Autor Hubert Seipel in der Koproduktion von NDR und WDR die Hintergründe der im Sommer 2005 aufgeflogenen Affäre, die den Autobauer erschütterte und nicht nur Volkert, sondern auch VW-Arbeitsdirektor Peter Hartz den Job kostete. Hartz ist inzwischen verurteilt, weil er Volkert Millionen-Sonderzahlungen zugeschanzt hat, damit dieser nicht aufmuckt und den Betriebsfrieden wahrt. Hartz hat nach einem umstrittenen Justiz-Deal eine Bewährungs- und Geldstrafe bekommen - Volkert dagegen droht in seinem Prozess, der vermutlich im Herbst beginnt, wegen Anstiftung zur Untreue der Gang ins Gefängnis. Ja, er habe eine Geliebte gehabt, ja, er habe mit Prostituierten geschlafen, sagt Volkert im Film. Er wünsche sich, diese "Dinge" rückgängig machen zu können. Aber: "Bestechlich bin ich nicht gewesen." Volkert verteidigt seine Sonderrolle im "System VW" - dem engen Miteinander von Vorstand und Arbeitnehmervertretung, dem "Co- Management" des Betriebsrates. Er als Betriebsratschef habe gleichberechtigt neben dem Vorstand gestanden, darum habe er doch gut verdienen müssen: "Nicht, dass einer mit dem Phaeton kommt, der andere mit dem Fahrrad." Der mit dem Luxuswagen Phaeton - das war und ist der frühere VW- Vorstands- und jetzige Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch. Er sei "dicke" gewesen mit Piëch, erzählt Volkert. Oder, wie es der frühere VW-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer im Film ausdrückt: Piëch brauchte bei seinen Entscheidungen das Einverständnis von Volkert. Gebauer war das "Mädchen für alles" bei VW, er erfüllte im Auftrag von Hartz jeden Wunsch Volkerts. Er habe sich wie ein "hoch bezahlter Butler" gefühlt, sagt der in der Affäre ebenfalls angeklagte Gebauer. Volkert und Gebauer müssen sich demnächst vor Gericht verantworten - Piëch ist nicht unter den Beschuldigten. Der wegen seiner Doppelrolle umstrittene Aufsichtsratschef, der zudem Miteigentümer des VW-Großaktionärs Porsche ist, hat jede Verwicklung in die Affäre stets bestritten. Im Verlauf des ARD-Films rückt Piëch zunehmend in den Mittelpunkt. Seipel zeigt in historischen Aufnahmen die Anfänge von VW unter dem Piëch-Großvater Ferdinand Porsche, der im Auftrag der Nazis den Käfer baute. Er zeigt, wie der ehrgeizige Piëch VW als Vorstandschef führte, wie er die vollständige Macht bei Volkswagen übernahm und wie der Porsche/Piëch-Clan davon profitiert. Zwar wird auch Piëch selbst zitiert, aber nur in Archivaufnahmen. Interviewanfragen für den Film lehnte er ab. Und so kommt am Schluss des Films, der bewusst auf jede boulevardesken Szenen im Rotlicht-Milieu verzichtet, noch einmal Volkert zu Wort. Auf die Frage, ob Piëch wirklich nichts von der Affäre und den Millionenzahlungen an ihn, Volkert, wusste, sagt der frühere Betriebsratschef: "Ich sag mal so, ich weiß nur eins, dass es im Hause Volkswagen ganz, ganz wenig gibt, was Piëch nicht wusste."

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